Trauer um Ehrenpräsidenten Rolf Kralovitz

Rolf KralovitzSein Medium war das Telefon. Intensive und ausführliche Gespräche mit Rolf Kralovitz  gehörten für die Ephraim Carlebach Stiftung zum Alltag – und waren doch immer wieder besonders.

Nach seiner Erblindung Mitte der 1970er Jahren waren, so sagte er selbst, Telefonate sein „Lebenselexier“. Auf diese Weise blieb er trotz bewegter Biografie auch immer eng mit seiner Heimatstadt Leipzig verbunden.

Am vergangenen Sonntag ist Rolf Kralovitz – Buchenwaldüberlebender, Autor, Schauspieler und Kabarettist, allseits geschätzter Zeitzeuge und Wegbegleiter – in Köln gestorben.

Am 15. Juni 1925 als Sohn des jüdischen Ehepaares Max und Martha Kralovitz in Leipzig geboren, verlebte er seine Kindheit und Jugend im Leipziger Waldstraßenviertel.

Nachdem der Versuch des aus Ungarn stammenden Vaters, die Familie nach 1933 dorthin zu retten, misslang, war Rolf Kralovitz mit seiner Mutter und seiner Schwester schutzlos der antisemitischen Politik der Nationalsozialisten ausgeliefert.

Mutter und Schwester wurden 1943 in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück verschleppt, wo beide ermordet wurden. Er selbst kam als 17 jähriger nach Buchenwald. Als einziger seiner Familie überlebte er und kehrte im Frühjahr 1945 nach Leipzig zurück.
Sein weiterer Lebensweg führte ihn über München nach New York, wo er seine Ehefrau Brigitte Meckauer kennenlernte und  heiratete. Nach Tätigkeiten als Schauspieler und beim Film arbeitete Rolf Kralovitz seit 1960 als Produktionsleiter beim WDR in Köln.

Aufgrund seiner Erblindung schied er frühzeitig aus dem Berufsleben aus und widmete sich seitdem als Autor, Referent  und Interviewpartner gemeinsam mit seiner Frau Brigitte unermüdlich der Aufarbeitung der Geschichte der Leipziger Juden. Seine autobiografischen Publikationen – allen voran „Zehnnullneunzig in Buchenwald“ – sind mittlerweile weit über Deutschland hinaus bekannt. Darüber hinaus finanzierte das Ehepaar Kralovitz zahlreiche weitere Publikationen zum Thema „Juden in Leipzig“.

Rolf Kralovitz wollte  mit seinen Werken vor allem die junge Generation erreichen.
Deshalb verschenkte er seine Publikationen auch immer wieder großzügig an Schulen
in ganz Deutschland.

2005 wurde das Ehepaar Kralovitz für seine herausragende Lebensleistung mit der Ehrenmedaille der Stadt Leipzig ausgezeichnet.

Rolf Kralovitz gehörte zu den Mitbegründern und engsten Weggefährten der Ephraim Carlebach Stiftung in Leipzig. Zunächst als Vize-, später als Präsident prägte er deren Entwicklung zu einer Institution, die sich mit Bildungs- und Erinnerungsarbeit der Erforschung und Darstellung der Geschichte der Leipziger Juden widmet, entscheidend mit.
Engagiert, leidenschaftlich aber auch kritisch und mit erstaunlich wachem Erinnerungs-vermögen begleitete und unterstützte er die verschiedensten Stiftungsprojekte…. zumeist vom Telefon aus.

An seinem 90. Geburtstag konnten wir ein letztes Mal mit im telefonieren. Wenn die vertraute Stimme auch schon anders klang – dennoch erkundigte er sich geistig wach und voller Interesse nach Neuigkeiten und Aktivitäten der Stiftung der diesjährigen Jüdischen Woche in Leipzig…

Rolf Kralovitz wird unvergessen sein. Die Ephraim Carlebach Stiftung wird sein Anliegen auch weiterhin nach außen tragen.

Leipzig, 23. Juni 2015

Kerstin Plowinski
Geschäftsführerin der Ephraim Carlebach Stiftung

Merken

Merken

Merken