Die Satzung der Stiftung

Die Entwicklung der Messestadt Leipzig ist untrennbar mit dem Wirken jüdischer Menschen verbunden. Gleiches gilt für Leipzigs Ruf als Rauchwarenmetropole, Kultur- und Kunststadt und als Stadt der Wissenschaft sowie ihre Bedeutung als wirtschaftliches Zentrum.

Präambel

Seit der Vertreibung und Ermordung von Tausenden Leipziger Juden durch den Hitlerfaschismus und erneuter Verfolgung in den 50er Jahren, drohen die Spuren jüdischen Lebens immer mehr zu verblassen. Jüdisches, religiöses und kulturelles Leben wieder zu beleben, bedarf der gemeinsamen Anstrengung. Hierfür müssen Vorurteile und Berührungsängste überwunden werden. Die eingetretenen schmerzlichen Verluste deutlich zu machen, gegen antisemitische Tendenzen aufzutreten, gehört zur moralischen und historischen Verpflichtung gegenüber den 14.000 Opfern und den ungezählten aus ihrer Heimatstadt Vertriebenen.

Die Israelitische Religionsgemeinde wurde stets von namhaften und außerordentlichen Persönlichkeiten geleitet, die ihr ganzes Engagement in guten, aber besonders in schwierigsten Zeiten für die Gemeindemitglieder einsetzten. So reicht die Reihe von verdienstvollen Rabbinern von Zacharias Frankel über Abraham Goldschmidt bis zu Nathan Porges. Aber gerade in der schwärzesten Zeit fanden sich selbstlose und mutige Rabbiner, die ihre ganze Kraft in den Dienst der Gemeinde stellten. Das soziale Engagement von Rabbiner Felix Goldmann für Hilfsbedürftige und Waisen verdient besondere Würdigung, ebenso wie das zähe Ringen von David Ochs, dem vorerst letzten Gemeinderabbiner, um Selbstbehauptung und das Überleben seiner Mitglieder. Ihre Namen und ihre Verdienste, wie die vieler anderer jüdischer Persönlichkeiten, müssen stärker in das Blickfeld stadtgeschichtlicher Arbeit gerückt werden. Dieser Aufgabe stellt sich die Ephraim Carlebach Stiftung.

Die Stiftung trägt stellvertretend für die bereits Genannten, aber auch für die vielen namenlosen Leipziger Juden, den Namen des Rabbiners Dr. Ephraim Carlebach, der seit 1901 bis kurz vor seinen Tod 1936 in Leipzig wirkte. Er war Gründer und jahrzehntelanger Leiter der Israelitischen Schule in Leipzig, die später seinen Namen trug, und ein hochgeachteter Rabbiner. Seinem Vermächtnis fühlt sich die Stiftung in ganz besonderer Weise verpflichtet.

§1 Name, Sitz und Rechtsstatus

Die Ephraim Carlebach Stiftung ist eine privatrechtliche Stiftung. Sie ist rechtsfähig und in das Stiftungsverzeichnis des Freistaates Sachsen eingetragen. Sitz der Stiftung ist Leipzig.

§2 Stiftungszweck

  1. Im Sinne der Präambel und gemäß dem Abschnitt „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung verfolgt die Stiftung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke.
  2. Die Stiftung hat die Aufgabe, den untrennbaren Zusammenhang von stadtgeschichtlicher Entwicklung und deren Beförderung durch jüdische Bürger darzustellen und die bleibenden Folgen der Diskriminierung und Verfolgung der Juden in Leipzig für kommende Generationen nacherlebbar zu machen.
  3. Die Stiftung setzt sich für die würdige und angemessene Gestaltung einer Gedenkstätte für die Opfer der Judenverfolgung an traditionsträchtiger Stätte in Leipzigs Zentrum ein.
  4. Die Stiftung initiiert und fördert in den Bereichen Kultur, Kunst und Denkmalpflege sowie Wissenschaft und Forschung (insbesondere die Durchführung von wissenschaftlichen Veranstaltungen, Forschungsvorhaben und das Erscheinen daraus hervorgehender Publikationen) Maßnahmen, die geeignet sind, jüdisches Wirken in Vergangenheit und Gegenwart in öffentlichkeitswirksamer Weise zu würdigen.
  5. Die Stiftung hat die unmittelbare Aufgabe, die für den Stiftungszweck erforderlichen finanziellen Mittel ganz oder teilweise aufzubringen. Die Stiftung ist selbstlos tätig; sie verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke.
  6. Die Stiftung unterstützt im Sinne ihrer Satzung Initiativen in der Region Sachsen.
  7. Die Stiftung ist offen für natürliche und juristische Personen, die für die genannten Zwecke bei Anerkennung der Satzung finanzielle und materielle Werte stiften wollen (Zustiftungen).

§ 3 Stiftungsvermögen

  1. Die Stiftung erfüllt ihre Aufgaben aus:
    • bis zu 50% des Stiftungsvermögens zum Zeitpunkt der Gründung,
    • den Erträgen des Stiftungsvermögens und
    • weiteren Zustiftungen.
  2. Die Einnahmen der Stiftung aus Erträgen des Stiftungsvermögens und aus Zustiftungen sind abgaben- und steuerfrei.
  3. Bis zur gemeinnützigen Verwendung ist das gesamte Vermögen sicher anzulegen.
  4. Es besteht kein Rechtsanspruch auf Leistungen durch die Stiftung. Entscheidungen über die Verwendung des Stiftungsvermögens trifft der Vorstand allein auf der Grundlage des satzungsmäßigen Stiftungszweckes.
  5. Die Ausgaben für die Verwaltung der Stiftung sind so gering wie möglich zu halten. Niemand darf durch Ausgaben, die dem Zweck der Stiftung fremd sind oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden.

§ 4 Die Organe der Stiftung

Die Organe der Stiftung sind

  • das Kuratorium
  • der Vorstand und
  • die Geschäftsführung

§ 5 Das Kuratorium

  1. Das Kuratorium besteht aus dem Präsidenten der Stiftung und maximal 20 weiteren Kuratoriumsmitgliedern.
  2. Die Gründungsmitglieder des Kuratoriums werden durch die Stifter berufen.
  3. Das Kuratorium bestimmt die grundsätzlichen und langfristigen Aufgaben und Zielstellungen der Stiftung auf der Grundlage der Satzung.
  4. Das Kuratorium kontrolliert die Tätigkeit des Vorstandes und nimmt von diesem regelmäßig Rechenschaftsberichte entgegen.
  5. Das Kuratorium wählt den Vorstandsvorsitzenden und die weiteren Vorstandsmitglieder mit einfacher Stimmenmehrheit. Es kann neue Mitglieder in das Kuratorium wählen.
  6. Das Kuratorium kann mit Zwei-Drittel-Mehrheit ein Mitglied ausschließen, wenn es das Ansehen oder die Interessen der Stiftung geschädigt hat.

§ 6 Der Vorstand

  1. Der Vorstand besteht aus einem Vorsitzenden und höchstens 6 weiteren Vorstandsmitgliedern. Er ist ehrenamtlich tätig, seine Mitglieder dürfen keine Zuwendungen erhalten.
  2. Die Amtszeit des Vorstandes beträgt 4 Jahre. Die Gründungsmitglieder des Vorstandes werden durch die Stifter bestellt.
  3. Es soll mindestens eine jüdische Persönlichkeit dem Vorstand angehören.
  4. Die Amtsführung des bestehenden Vorstandes endet ungeachtet des Ablaufs der verfassungsmäßigen Amtszeit erst mit der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Vorstandes.
  5. Der Vorstand kann mit Zwei-Drittel-Mehrheit ein Mitglied ausschließen, wenn es das Ansehen oder die Interessen der Stiftung geschädigt hat.
  6. Der Vorstand wird gerichtlich und außergerichtlich durch seinen Vorsitzenden und ein weiteres Vorstandsmitglied vertreten.
  7. Der Vorstand überwacht und leitet die ständige Verwaltung der Stiftung durch die Geschäftsführung.
  8. Der Vorstand fasst seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit. Über die Vorstandssitzungen und die gefassten Beschlüsse ist ein Protokoll anzufertigen und durch den Vorsitzenden bzw. seinen Stellvertreter zu unterschreiben.
  9. Der Vorstand entscheidet über den Abschluss von Dienstverträgen mit dem Stiftungssekretär und evtl. weiteren Mitgliedern, soweit es Kapital und Zinserträge erlauben bzw. Drittmittel zur Verfügung stehen.

§ 7 Die Geschäftsführung

  1. Geschäftsführung der Stiftung obliegt dem Stiftungssekretär. Über sein Entgeld entscheidet der Vorstand.
  2. Der Sekretär kann auf der Grundlage eines Vorstandsbeschlusses weitere Mitglieder einstellen.
  3. Der Geschäftsführung obliegen folgende Aufgaben:
    1. die Verwaltung des Stiftungsvermögens und Führung der laufenden Geschäfte
    2. Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung des Stiftungszweckes
    3. Buchführung über den Bestand und Veränderungen des Stiftungsvermögens sowie über Einnahmen und Ausgaben der Stiftung
    4. Erstellung der Jahresrechnung mit einer Vermögensübersicht sowie Erstellung eines jährlichen Geschäftsberichts für das Kuratorium und für den Vorstand
    5. Information der Stiftungsbehörde nach Maßgabe der geltenden Rechtsvorschriften.

§ 8 Satzungsänderung und Aufhebung der Stiftung

  1. Über die Änderung der Satzung oder über die Aufhebung der Stiftung beschließt das Kuratorium mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder. Bei Auflösung der Stiftung oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke fällt das verbleibende Restvermögen der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig, (Körperschaft des öffentlichen Rechts) zu, die es unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verwenden wird.
  2. Über Satzungsänderungen, die durch gesetzliche Regelungen oder auf Forderung der zuständigen Stiftungsaufsichtsbehörden notwendig werden, beschließt der Vorstand mit einfacher Mehrheit.